Keine Pauschalgebühren für Verlage!
Die Verwertungsgesellschaften in der Schweiz ziehen jedes Jahr etwa eine halbe Milliarde Franken im Namen der Urheber und Verleger von geschützten Werken ein. Rund die Hälfte dieser Summe stammt aus pauschalen Zwangsabgaben (Fotokopierabgaben, Netzwerkabgaben, Leergutabgaben, Geräteabgaben, ...) ohne Bezug zu einem produzierten oder konsumierten Werk. Die Mitglieder dieser als Genossenschaft oder Verein organisierten staatlichen Monopolorganisiationen sind einerseits die Urheber und andererseits die Verlage (bei Bildern oft Agentur, bei Musik oft Labels, bei Film oft Filmproduktion genannt). An diese werden die Einnahmen der Verwertungsgesellschaften verteilt.
Die Informationen über die Verteilung stehen den zur Zahlung von Zwangsabgaben verpflichteten Personen nur ausnahmsweise zur Verfügung. So veröffentliche der Bund 2012 auf eine Anfrage hin die je drei höchsten Entschädigungen der ProLitteris
- für Urheber: 38'096, 37'578.40 und 30'059.20 CHF,
- für Verlage: 194'240.45, 173'854.45 und 149'211.45 CHF.
In Deutschland verboten
In Deutschland ist seit April 2016 verboten, Pauschalgebühren an Verlage zu verteilen. Dieses Urteil wurde begründet mit dem Willkürverbot (kein Nachweis produzierter oder konsumierter Werke) und einem entsprechenden Rechtsgrundsatz der Europäischen Union.
Zwangsabgaben in der Schweiz: zwischen Willkür und Kollektivstrafe
Im vom Bundesrat vorgelegten Vorschlag zur URG-Revision fehlt dieser Aspekt völlig. Dabei sind die Verhältnisse in Deutschland und der Schweiz sehr gut vergleichbar – mit Ausnahme der Tatsache, dass in der Schweiz pro Person fünf Mal höhere Zwangsabgaben erhoben werden.
Auch in der Schweiz gilt der Grundsatz, dass Zwangsabgaben in einem Verhältnis zum Wert einer öffentlichen Dienstleistung stehen muss, die der Bürger damit bezahlt. Insbesondere müssten im Falle des Urheberrechts etwa Werke nachgewiesen werden, die tatsächlich produziert und – unbezahlt, aber rechtmässig – konsumiert wurden. Als Kollektivstrafe für Urheberrechtsverletzungen eignen sich Zwangsabgaben nicht, denn Kollektivstrafen sind in der Schweiz verboten und treffen im Fall der Pauschalabgaben der Verwertungsgesellschaften einseitig die IT-Industrie, die nichts mit der Nutzung der Werke zu tun hat.
Die URG-Revision ist darum als Chance zu nutzen, die Verleger von der Ausschüttung pauschaler Zwangsabgaben auszuschliessen, wie dies in Deutschland und der EU der Fall ist. Gleichzeitig sind die Tarife der Verwertungsgesellschaften für die Zwangsabgaben entsprechend nach unten anzupassen.
Ceterum Censeo
Noch sinnvoller wäre allerdings die gänzliche Streichung des Monopols zur Selbstbereicherung der Verwertungsgesellschaften mittels Zwangsabgaben. Eine solche ist einfach erzielbar, wenn in der anstehenden URG-Revision alle Artikel gestrichen würden, die sich auf Verwertungsgesellschaften und ihre Tarife beziehen. Als gewerkschaftliche Vereinigungen von Kunstschaffenden zur gemeinsamen Vertretung ihrer Interessen und zur Verwertung ihrer Rechte, können die Verwertungsgesellschaften problemlos ohne gesetzlichen Rahmen weiter tätig sein.