Geistiges Eigentum, Sacheigentum, Biteigentum und die Eigentumsgarantie

Hartwig Thomas, 05.09.2018


Author: Dru Bloomfield; Source: https://www.flickr.com/photos/14544437@N07/3279949186

Geistiges Eigentum, Sacheigentum, Biteigentum und die Eigentumsgarantie

Neuerdings wollen Schweizer Politiker wieder einmal freies “Replay-TV” urheberrechtlich “schützen”, d.h. verunmöglichen oder erschweren. Momentan wird diskutiert, ob diese Regelung besser im Urheberrechtsgesetz als im Fernmeldegesetz einzufügen ist. Denn die Verwertungsgesellschaften möchten gerne eine neue unbegründete Zwangsabgabe (“Gemeinsamen Tarif”) für alle Internetnutzer in der Schweiz einführen als Vergütung von etwas, was kein Kunstschaffender geleistet hat und nur Wenige nutzen.

Alle Internet-Nutzer können zeitversetzt fernsehen

Da uns die Fernsehmacher mit dem Umstieg auf Internet-Fernsehen zur Anschaffung vieler neuer Geräte gezwungen haben, ist es ganz leicht geworden, zuhause zeitversetzt Fernsehsendungen anzusehen. Dazu brauche ich keine Kooperation von irgendwelchen Providern. Wenn ich als TV-Kunde der Swisscom im Videoplayer VLC auf meinem PC die URL rtp://239.186.64.2:10000 für Netzwerk-Streaming eingebe, empfange ich einen SF-Kanal. Wenn ich den Video-Player anweise, den Stream als Film zu speichern, kann ich diesen zeitversetzt anschauen und jeweils das Abspielen vorrücken, wenn Werbung kommt. Wenn ich eins der vielen brauchbaren Werbeunterdrücker-Programme benutze, kann ich die lästigen Werbeunterbrechungen sogar automatisch gänzlich entfernen. Und wenn ich das Ganze gerne auf dem Fernsehbildschirm anschauen will, brauche ich im PC nur diesen als Display einzurichten.

Erschöpfung des geistigen Eigentums

Die Propagandisten des Begriffs “Geistiges Eigentum” benutzen die Eigentumsfiktion, um ihre Raubzüge mit der in der Verfassung festgeschriebenen Eigentumsgarantie abzusichern. Im Gegensatz zu Sacheigentum kann man “geistiges Eigentum” nicht verschenken, nicht vermieten, nicht verkaufen, man muss es nicht nicht versteuern und nicht verzollen. Das “geistige Eigentum” kollidiert an vielen Stellen mit dem Sacheigentum, auf das sich die Eigentumsgarantie ja in erster Linie bezieht. So haben die Politiker denn auch eingesehen, dass die Verfügungsgewalt eines Autors über seinen Text, seine Musik, seine Bücher ein Ende haben muss, wenn jemand auf ehrliche Weise Eigentümer eines Werkexemplars geworden ist. Ich darf ein gekauften Buch zerschneiden, Teile davon anders zusammensetzen und so ideologisch ins Gegenteil verkehren, es gegen das Wackeln unter ein Tischbein legen, es verheizen, oder es als Toilettenpapier verwenden, ohne dass der Autor dabei ein Mitbestimmungsrecht hat. Juristen nennen diese Grenze der Kontrolle der Urheber über das private Sacheigentum das Prinzip der Erschöpfung (exhaustion) der Rechte am “Geistigen Eigentum”. Im Schweizer Urheberrechtsgesetz (URG) ist dieser Grundsatz im Artikel 12 festgehalten:

Art. 12 Erschöpfungsgrundsatz
1 Hat ein Urheber oder eine Urheberin ein Werkexemplar veräussert oder der Veräusserung zugestimmt, so darf dieses weiterveräussert oder sonst wie verbreitet werden.
1bis Exemplare von audiovisuellen Werken dürfen so lange nicht weiterveräussert oder vermietet werden, als der Urheber oder die Urheberin dadurch in der Ausübung des Aufführungsrechts (Art. 10 Abs. 2 Bst. c) beeinträchtigt wird.
2 Hat ein Urheber oder eine Urheberin ein Computerprogramm veräussert oder der Veräusserung zugestimmt, so darf dieses gebraucht oder weiterveräussert werden.
3 Ausgeführte Werke der Baukunst dürfen vom Eigentümer oder von der Eigentümerin geändert werden; vorbehalten bleibt Artikel 11 Absatz 2.

Man sieht, dass sich die Gesetzgeber schwer damit tun, die Kollision von Sacheigentum und “Geistigem Eigentum” zu umschiffen. Absatz 2 ist besonders interessant, da es sich bei Computerprogrammen ja nicht um Sacheigentum im engeren Sinne handelt. Da der Begriff “Geistiges Eigentum” als tendenziöser Kampfbegriff für Exklusivitätsrechte an der Verbreitung eines abstrakten Werks besetzt ist, werden in diesem Blog rechtmässig erworbene Computerprogramme, E-Books, Audio-CDs, Video-DVD, ganz allgemein digitale Daten als Biteigentum bezeichnet. Diese Objekte sind keine Werke im Sinne des Urheberrechts, sondern digitale Werkexemplare. Mit dem rechtmässigen Erwerb solcher Informationen ist das Kontrollrecht der Rechteinhaber ebenso als erschöpft anzusehen wie bei analogen Werkexemplaren im Sacheigentum.

Digitaler Privatbereich

Alle rechtmässig erworbene Information auf Datenträgern, die zum Sacheigentum einer Person gehören oder die von ihr gemietet wurden, macht deren Biteigentum aus. Die verfassungsmässige Eigentumsgarantie räumt der Eigentümerin weitestgehende Kontrolle über ihr Biteigentum ein. Auch Biteigentum unterscheidet sich von Sacheigentum, weil man es gleichzeitig weitergeben und behalten kann. Eine solche Weitergabe ist urheberrechtlich entweder eine Privatkopie oder eine Veröffentlichung. Wie mit einem rechtmässig erworbenen Buch, darf ich mit einem ebenso rechtmässig erworbenen E-Book machen was mir gefällt: Ich darf es verschenken (Privatkopie), manuell oder mit Hilfe von Programmen analysieren und verändern, Werbung entfernen, es auf Toilettenpapier ausdrucken oder löschen.

AdBlocker

Wenn eine Seite einer Website auf meinem PC in meinem Browser gespeichert ist, gehört sie zu meinem Biteigentum. Dank der Eigentumsgarantie darf ich damit machen, was ich will. Zum Beispiel ist es erlaubt, die Seite daraufhin zu untersuchen, ob sie Code enthält, der mir unsympathische Werbeinhalte von Dritten ohne meine Einwilligung nachzuladen versucht, und dieses Nachladen zu blockieren. Denn es könnte sich ja um Kontaktnahmen zu Verbrechern handeln, denen ermöglicht wird, Daten über mich zu sammeln und mir Schadcode unterzujubeln. Gegen solche AdBlocker-Software laufen die Rechteinhaber Sturm und verletzen dabei die Eigentumsgarantie. Früher enthielten rororo-Krimis jeweils eine Doppelseite Zigarrenwerbung, die ich wie – viele Andere – jeweils unmittelbar nach dem Kauf herausriss. Die Verlage hyperventilierten deshalb nicht so wie heute gegen Benutzer von AdBlockern. Offenbar war schon damals bekannt, dass unerwünschte Werbung eher kontraproduktiv wirkt.

Selbstverständlich ist es einem Webanbieter erlaubt, zu prüfen, ob ich solche Werbeblockierer nutze, und mir dann die Übermittlung weitergehender Inhalte zu verweigern. Genauso steht es mir allerdings frei, seine AdBlocker-Detektion nach Möglichkeit unschädlich zu machen. Das ist technisch immer dann möglich, wenn der Webanbieter kaum Kontakt mit dem Werber hat.

Reverse Engineering

Wenn ich eine DVD rechtmässig in Kanada erworben habe, gehört ihr Inhalt zu meinem Biteigentum. Wenn mein Schweizer DVD-Player sich weigert, sie abzuspielen, weil sie den falschen Kontinentcode enthält, dann ermöglicht mir die Eigentumsgarantie, eine abspielbare Kopie meines Biteigentums mit einem anderen Kontinentcode herzustellen, ohne dass ich mich damit strafbar mache.

Wenn ich rechtmässig in den Besitz von Programmcode gelangt bin, darf ich diesen dank der Eigentumsgarantie analysieren um entscheidende Merkmale des Quellcode zu extrahieren, so wie ich einen gekauften Stuhl einer chemischen Analyse unterwerfen darf. Ohne Eigentumsgarantie für Biteigentum wären Konsumentenschutz und Materialprüfung digitaler Produkte illegal.

Streaming ist Kopieren

Im bundesrätlichen Entwurf zur Revision des Urheberrechts, ist neu ein “Schutz” (also ein Verbot, eine Kriminalisierung bzw. eine Erschwerung) von Video on Demand vorgesehen. Video-on-Demand-Schutz für Urheber :

Art. 13a Zugänglichmachen von audiovisuellen Werken

1 Wer ein audiovisuelles Werk erlaubterweise so zugänglich macht, dass Personen von Orten und Zeiten ihrer Wahl Zugang dazu haben, schuldet den Urhebern und Urheberinnen, die das audiovisuelle Werk geschaffen haben, hierfür eine Vergütung.

2 Keine Vergütung ist geschuldet, wenn:

  1. der Urheber oder die Urheberin oder deren Erben das ausschliessliche Recht persönlich verwerten;
  2. es sich bei dem audiovisuellen Werk um Folgendes handelt:
    1. Firmenportraits, Industriefilme, Werbe- oder Promotionsfilme, Computerspiele, Dienst- oder Auftragswerke von Sendeunternehmen oder andere journalistische Dienst- und Auftragswerke,
    2. Archivwerke von Sendeunternehmen (Art. 22a),
    3. verwaiste Werke (Art. 22b).
3 Der Vergütungsanspruch ist unübertragbar und unverzichtbar und steht nur den Urhebern und Urheberinnen zu; er tritt an die Stelle einer Vergütung für die vertraglich vereinbarte Verwendung des audiovisuellen Werks. Er kann nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.

4 Urhebern und Urheberinnen eines audiovisuellen Werks, das nicht von einer Person mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz produziert wurde, steht ein Anspruch auf Vergütung nur zu, wenn das Land, in dem das audiovisuelle Werk produziert wurde, für dessen Zugänglichmachung ebenfalls einen kollektiv wahrzunehmenden Vergütungsanspruch für Urheber und Urheberinnen vorsieht.

(Die neuen Artikel im URG werden immer länger, unübersichtlicher und unverständlicher …) Und noch einmal dasselbe in Grün für Interpreten:

Art. 35a Zugänglichmachen von Darbietungen in audiovisuellen Werken

1 Wer ein audiovisuelles Werk erlaubterweise so zugänglich macht, dass Personen von Orten und Zeiten ihrer Wahl Zugang dazu haben, schuldet den ausübenden Künstlern und Künstlerinnen, die an einer darin enthaltenen Darbietung mitgewirkt haben, hierfür eine Vergütung.

2 Keine Vergütung ist geschuldet, wenn:

  1. die ausübenden Künstler und Künstlerinnen oder deren Erben das ausschliessliche Recht persönlich verwerten,
  2. es sich bei dem audiovisuellen Werk um Folgendes handelt:
    1. Firmenportraits, Industriefilme, Werbe- oder Promotionsfilme, Computerspiele, Dienst- oder Auftragswerke von Sendeunternehmen oder andere journalistische Dienst- und Auftragswerke,
    2. Archivwerke von Sendeunternehmen (Art. 22a),
    3. verwaiste Werke (Art. 22b).
3 Der Vergütungsanspruch ist unübertragbar und unverzichtbar und steht nur den ausübenden Künstlern und Künstlerinnen zu; er tritt an die Stelle einer Vergütung für die vertraglich vereinbarte Verwendung der Darbietung. Er kann nur von zugelassenen Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden.

4 Ausübenden Künstlern und Künstlerinnen steht für ihre Darbietungen in einem audiovisuellen Werk, das nicht von einer Person mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz produziert wurde, ein Anspruch auf Vergütung nur zu, wenn das Land, in dem das audiovisuelle Werk produziert wurde, für dessen Zugänglichmachung ebenfalls einen kollektiv wahrzunehmenden Vergütungsanspruch für ausübende Künstler und Künstlerinnen vorsieht.

Dass Urhebern und Interpreten eine Vergütung zusteht, wenn ihre Werke genutzt werden, war schon bisher so. Warum braucht es dafür zwei neue Artikel im URG? Die Crux liegt im Wörtchen “erlaubterweise”! Das heisst, dass Urheber und Interpreten schon vergütet wurden und nun noch ein zweites Mal zum Zug kommen sollen. Es handelt sich um Pfründegarantien für Verwertungsgesellschaften, wie man auch dem bundesrätliche Kommentar entnimmt:

“Der Vergütungsanspruch für die Verwertung der Online-Rechte soll dazu dienen, eine kollektive Verwertung [URG-Sprech für pauschale Zwangsabgaben an Verwertungsgesellschaften H.T.] vornehmen zu können, auch wenn das ausschliessliche Recht an die Produzentin oder den Produzenten abgetreten wurde.”

Angeblich erhoffen sich die Schweizer Urheber und Interpreten eine Verbesserung ihrer Verhandlungsposition gegenüber marktbeherrschenden Video-on-Demand-Anbietern (Netflix, Spotify, …) aus diesen neuen Gesetzesartikeln. In der Realität verschlechtern sie ihre Verhandlungsposition gegenüber den Produzenten, die ihre Honorare um den Betrag kürzen werden, der ja jetzt via Verwertungsgesellschaft direkt an sie (nach Abzug eines “kleinen” Betrags für die Löhne in der Administration …) ausbezahlt wird. Ausserdem verschlechtert sich die Verhandlungsposition für die Schweizer Produzenten, da die amerikanischen Video-on-Demand-Anbieter wohl eher lieber keine Schweizer Produkte anbieten, als sich mit Verwertungsgesellschaften und einer unglaubwürdigen Eidgenössischen Schiedskommission über Tarife zu streiten. Die Konsumenten werden am Ende alles doppelt bezahlen und ein auf amerikanische Inhalte reduziertes Angebot erhalten. Schweizer Video-on-Demand-Plattformen werden mit diesen Zusatzhindernissen gegen die ausländische Konkurrenz keine Chancen haben.

Dabei wäre alles ganz einfach, wenn das Biteigentum gebührend beachtet würde: Ob ich ein Video im bezahlten Netflix-Abonement streame oder als DVD kaufe, kommt auf dasselbe hinaus. Denn als Stream landet es im Speicher meines Geräts. Damit ist die Kontrolle der Urheber, Rechteinhaber und Verwertungsgesellschaften erschöpft. Ich kann den Stream abspeichern, in andere Formate konvertieren, tausendmal anschauen, oder löschen, denn er ist mein Biteigentum. Somit ist auch die Vergütung für das Streamen genauso zu regeln, wie für den DVD-Verkauf. Eine neue Regelung ist überflüssig.

Publikation statt Entstehung von Daten regulieren

Generell ist das private Biteigentum zu respektieren und nicht externer Kontrolle zu unterwerfen. Solange Daten nicht publiziert (d.h. einem weiteren Kreis zugänglich gemacht) werden, ist es Privatsache des Eigentümers, was er mit diesem anstellt.

Juristen scheinen es schwierig zu finden, die Privatsphäre der Bürger zu respektieren. Das sieht man an solchen Fehlkonstruktionen wie der DSVGO der EU oder dem weltweiten Urheberrecht.

So enthält das DSVGO zum Beispiel die Pflicht, schon beim Anlegen eines Datensatzes, betroffene Personen darüber zu informieren. Wenn man eine solche Vorschrift ernst nimmt, kann man investigativen Journalismus begraben! Auch die Polizei dürfte nicht mehr gegen Verdächtige ermitteln! Die Regelung ist falsch konzipiert, da sie das Biteigentum nicht respektiert. Solange der Journalist auf seinen eigenen Geräten Datensammlungen anlegt, ist sein Privatbereich zu respektieren. Das Gesetz darf erst regulierend eingreifen, wenn er solche Daten publiziert.

Auch im Urheberrecht werden Daten bei ihrer Entstehung als Werke qualifiziert. Dies führt zu beträchtlichen Abgaben und einer grossen Rechtsunsicherheit. Wenn ich ein Programm schreibe, wird dies mehrere tausend Mal in eine Versionsverwaltung eingecheckt. Jede dieser Versionen wird gemäss URG zu einem neuen Werk und ist Basis für erneute Forderungen. Die Urheber würden nichts dabei verlieren, wenn der Werkcharakter erst mit Publikation und Registration eines Werkes entstehen würde. Solange es sich um ihr privates Biteigentum handelt, ist es ja durch die Eigentumsgarantie vor Diebstahl und Ähnlichem geschützt. Dazu wird kein Urheberrecht benötigt.

Regulierung von Replay-TV

Und nun soll auch das zeitversetzte Fernsehen zu neuen pauschalen Zwangsabgaben an die Verwertungsgesellschaften führen! Demnächst kommen dann Zwangsabgaben für zeitversetztes Lesen von E-Books!

Wer einen TV-Stream legal empfängt, speichert ihn auf seinen Geräten. Dieser befindet sich also in seinem Biteigentum. Folglich kann er damit machen, was er will. Eine Regulierung des zeitversetzten Fernsehens müsste extrem tief in die Privatsphäre eingreifen.

Im Zusammenhang mit dem Urheberrecht argumentieren aber viele Juristen, dass die Kontrollbefugnis der Rechteinhaber über Werkexemplare auch bei rechtmässigem Erwerb kein Ende findet. Wenn man dies logisch zu Ende denkt, dürfen wir auch keine “Werkexemplare” in unseren Köpfen nicht vom Kurzzeitgedächtnis ins Langezeitgedächtnis “kopieren”, ohne vorher von den Rechteinhabern die Erlaubnis dazu erworben zu haben. Die Allmachtsphantasien der Politiker und Rechteinhaber zielen auf totale Kontrolle und totale Überwachung der Privatsphäre und der intimsten Gedanken, welche gemäss ihren Gesetzen nun nicht mehr frei sein, sondern hart bestraft werden sollen. Auswendiglernen in der Schule ist zu verbieten!

Politiker erliegen manchmal einer Allmachtsphantasie. So glaubten sie anfangs der Achtziger Jahre, sie könnten nach Belieben Tage verlängern oder verkürzen und führten die Sommerzeit ein. Dabei sind doch die allmächtige Zeit und das ewige Schicksal ihre Herren wie meine. Statt die Abende zu verlängern, verstiessen sie nur gegen das Verbot, Mass und Gewicht zu fälschen, und zwingen die Bevölkerung zu lügen, wann Mittag ist.

So ist auch der “Schutz” (Verbot, Kriminalisierung, Erschwerung) des zeitversetzten Fernsehens der Ausdruck einer fehlgeleiteten Allmachtsphantasie. Wenn man entdeckt, dass Streams privat einfach zu speichern sind, wird man versuchen, die Provider dazu zu verpflichten, Knebelverträge mit den Nutzern abzuschliessen, die ihnen das verbieten. Das Anbieten von Software, mit der man Streams speichern kann, wird verboten werden. Das Schreiben von solchen Programmen wird mit Strafen belegt werden. Weil das alles nichts nützt, wird man wie bei der Privatkopie dann wohl zum Mittel der pauschalen Zwangsabgabe ohne obere Grenze greifen.

Der Vorteil einer solchen Entwicklung liegt auf der Hand: Während Urheberrecht heute eine eher obskure Materie ist, die Wenige verstehen und Wenige interessiert, wird ein landesweiter Ärger über dieses Gesetz und die schmarotzenden Verwertungsgesellschaften genügend breit abgestützt, dass man die Fehlentwicklungen mit einer Volksinitiative wieder in vernünftige Bahnen lenken kann.

Ceterum Censeo

Sowohl die Video-on-Demand-Artikel wie auch der “Schutz” (Verbot, Kriminalisierung, Erschwerung) zeitversetzten Fernsehens sind als Pfründesicherungen der Verwertungsgesellschaften konzipiert, die frei pauschale Zwangsabgaben ohne Mitsprache der Betroffenen festlegen, welche allfällig entgangene Entgelte um ein Vielfaches übersteigen. Der Unterschied zu Schutzgeldforderungen der Mafia besteht ausschliesslich darin, dass die Zwangsabgaben der Verwertungsgesellschaften von einem hirnlosen, menschenverachtenden und grundrechtswidrigen Gesetz festgeschrieben sind.

Deshalb ist ihnen das Recht auf pauschale Zwangsabgaben zu entziehen. Die Schiedskommission wird dann nicht mehr benötigt und das URG wird auf die Hälfte des heutigen Umfangs reduziert.